Die selbstfahrenden Autos sollen sich dann auch
untereinander verständigen – es ist stark anzunehmen, dass dadurch das Niveau
so mancher bisher üblicher Kommunikation im Straßenverkehr erheblich steigen
wird.
Das Dampfross – Eine unglaubliche Innovation
1804, also vor mehr als 200 Jahren gewann der walisische
Konstrukteur Richard Trevithick eine Wette, die die Welt verändern sollte: Er
wettete mit einem Bergbau-Hüttenwerksbesitzer, dass er mit einem Dampfross,
also mit einer sich bewegenden Dampfmaschine, über 10 Tonnen Eisen über 15
Kilometer ziehen könne. Gesagt, getan!
Er gewann die Wette und setzte damit ein Ausrufezeichen hinter die
Möglichkeiten einer neuen Technologie. Der Siegeszug der Eisenbahn war damit nicht
mehr aufzuhalten. Auch wenn sich das alles noch ein wenig verzögerte. Die dafür
notwendigen Schienen waren für solche Lasten noch nicht ausgelegt: Sie brachen
permanent. Doch das sollte nur ein temporäres Problem sein.
Delirium Furiosum – Die Gefahren von Innovationen
Wer kann schon behaupten, dass eine echte Innovation von
Anfang an zu 100 Prozent reibungslos klappt – bis hin zu völligen Absurditäten:
Eine immer wieder auch heute noch gern zitierte Anekdote ist die, dass man
damals befürchtete, dass Menschen beim Eisenbahnfahren mit 30 km/h, aber selbst
auch beim Betrachten der fahrenden Eisenbahn, eine Gehirnkrankheit – Delirium
furiosum – erleiden würden. Diese Warnung hat wohl so nie stattgefunden – aber
witzig ist sie allemal.
Nun fahren Bahnen schon seit vielen Jahrzehnten relativ zuverlässig
über unseren Planeten und es gab bei den Fahrgästen noch keine nachgewiesenen
Deliria furiosa – auch wenn manchmal ein Herr Weselsky und seine Gewerkschaft
der Lokführer sehr viel dafür tun; aber das hat dann nichts mit Geschwindigkeit
zu tun.
Imaginäre Schienen – Die selbstfahrenden Autos
Nun steht eine weitere revolutionäre Innovation an: Autos
sollen sozusagen wie auf Schienen über unsere Straßen fahren – ohne
wesentliches Zutun der „Fahrer“. Kann man das dann eigentlich noch Fahrer
nennen? Oder sind das dann einfach nur Fahrgäste im eigenen Auto? Die Fahrer
haben dann einfach eine sehr große Pause.
Wie dem auch sei: Autos können nun nicht mehr nur schnell
und komfortabel fahren, sie können jetzt dann auch selbstständig fahren. Das
ist schon lange keine Illusion mehr: Autos können ja schon seit geraumer Zeit
selbstständig rückwärts einparken. Jetzt geht es einfach einen Schritt weiter:
Nicht mehr nur rückwärtsfahren und auch ohne Einparken. Jetzt gehts vorwärts!
Und nun sollen diese Autos auf die deutschen Straßen, um
einfach mal unter Realbedingungen die Möglichkeiten und Zuverlässigkeit
auszutesten. Autobahnen sollen dafür als Teststrecken ausgewiesen werden; das
ist natürlich nachvollziehbar notwendig. Und selbstverständlich gibt es auch
wieder viele Gegenstimmen von Bedenkenträgern: Die Haftungsfragen und ein Auto
ohne Fahrer, ob das denn zuverlässig sei … . Dazu muss man wissen, dass bis zu
98 Prozent aller Autounfälle in Deutschland auf menschliches Fehlverhalten
zurückgeführt werden können. Und um die 40 Prozent davon sind auf die
Unaufmerksamkeit der Fahrer zurückzuführen. (vgl. Abele, 2008, S. 1). So
zuverlässig scheint der Fahrer an sich also doch nicht zu sein.
Innovation! Autos einfach mal machen lassen
Anfang des Jahres ist nun schon mal ein Audi A7 von Los
Angeles nach Las Vegas gefahren – knapp 900 Kilometer ohne Einwirkung des
Fahrers. Ohne Störungen. Also zuverlässig. In Deutschland ist eine solche Reise
aufgrund des Wiener Abkommens noch nicht möglich: Bei uns müssen die Fahrer die
Hände noch am Lenkrad haben. Also theoretisch.
Die selbstfahrenden Autos sollen sich dann auch
untereinander verständigen – es ist stark anzunehmen, dass dadurch das Niveau
so mancher bisher üblicher Kommunikation im Straßenverkehr erheblich steigen
wird … was keine Kunst, aber dafür lobenswert wäre. Und natürlich muss auch das
Haftungsrecht noch geklärt werden: Autos vor Gericht? Nun ja.
Trotzdem: Ich bin von dieser viel diskutierten und um sich
greifenden Innovation, die hoffentlich nicht aufzuhalten sein wird, vollends
überzeugt und ich freue mich darauf, wenn es auf dem Markt soweit ist. Es gibt
nur eine einzige Sache, die mir noch Kopfzerbrechen bereitet: Das „Delirium
furiosum“ – diese Gehirnkrankheit. Wenn Fahrer mit blindem Vertrauen auf ihre
Navigationsgeräte in Maisfelder, Urwälder oder Tümpel kurven, dann ist das doch
schon ein wenig Delirium und Furiosum. Was aber passiert in diesen Gehirnen,
wenn nur noch Pause ist?
(Dieser Blog-Artikel wurde erstmals veröffentlicht am 14.02.2015 hier)
Informationen zu Dr. Markus Reimer
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