In vielen Unternehmen ist Wissen ähnlich organisiert wie
nach einem Schrotflinten-Schuss: Überall liegen entsprechende Teilstücke herum.
(Bildquelle: Pixabay)
„Shotgun-Sequencing“ – Wissen hier, Wissen da
Jetzt heißt es „Wissensmanagement“ einzuführen!
Nachdem in die berühmteste aller berühmten Managementnormen,
in ISO 9001:2015, das Thema „Wissen“ Einzug gefunden hat, propagieren jede
Menge Berater und Beraterinnen, dass jedes Unternehmen „Wissensmanagement“
einführen muss. Der berühmte Kabarettist Rüdiger Hoffmann würde dazu seine
berühmten Worte sagen: Wissensmanagement kann man einführen, muss man aber
nicht. Und ich würde da Herrn Hoffmann Recht geben – zumindest wenn es nur um
ISO 9001:2015 geht.
Aber: Um das Thema „Wissen“ sollte sich jedoch wirklich
jedes Unternehmen intensiv Gedanken machen. Es ist und bleibt eine enorm
wichtige Ressource! Es kommt natürlich darauf an, welchen Anspruch man daran
hat. Und leider erinnern hier viele Unternehmen mit ihrer Methode mit Wissen
umzugehen an das berühmte „Shotgun Sequencing“: Dieses Verfahren stammt aus der
Molekularbiologie. Hier werden DNA-Stränge in sehr viele kleine Teilstücke
fragmentiert, um diese besser entschlüsseln zu können. Nach dem Entschlüsseln
werden sie mit entsprechenden Überlappungen wieder zusammengesetzt. Diese
Schrotflinten-Sequenzierung funktioniert in der Molekularbiologie ganz gut;
alleine schon deswegen, weil es praktisch keine Alternative dazu gibt.
Das Ganze – nach dem Schrotflintenschuss
In vielen Unternehmen ist Wissen aber ähnlich organisiert
wie nach einem Schrotflinten-Schuss. Überall liegen entsprechende Teilstücke
herum. Man kann die Teile vielleicht zusammensetzen, aber ob das jemals ein
sinnvolles Ganzes ergibt? Es ist stark zu bezweifeln!
Die Frage stellt sich, warum das in vielen Organisationen so
ist, wie es ist. Ein wesentlicher Grund dürfte darin liegen, dass immer nur das
Notwendige an Wissensbausteinen beschafft und entwickelt wurde. Und zwar dort,
wo es unmittelbar gebraucht wurde und wird. Somit entstehen Wissensinseln. Im
Ganzen betrachtet: Wissensfragmente, die vielleicht ein sinnvolles Ganzes
ergeben können. Der berühmte Hoffmann würde ergänzen: Müssen sie aber nicht.
Tun sie wahrscheinlich auch nicht. Oftmals ist es auch überhaupt nicht
nachvollziehbar, wo sich welches Wissen befindet, oder ob es sich überhaupt
irgendwo befindet oder noch interessanter: Wissen ist irgendwo im Unternehmen
vorhanden, aber keiner weiß (mehr) davon. Eben wie nach dem Volltreffer mit
einer Schrotflinte.
Wissen für den Kunden
Die zweite Frage, die sich daran anschließt: Warum und wie
sollte das geändert werden? Dazu ist es sinnvoll, sich über den jeweiligen
Unternehmenszweck Gedanken zu machen! Dieser liegt darin, sehr allgemein
gefasst, dass Mitarbeitende eines Unternehmens die wie auch immer gearteten
Probleme von Kunden lösen wollen. Vielleicht sogar mit Innovationen. Das ist
zugegeben banal! Aber viele Unternehmen wissen das trotzdem nicht mehr! (Siehe
hierzu auch „Wissen FIRSt„)
Viele Unternehmen, und vor allem eben viele Führungskräfte
wollen nicht die Probleme von Kunden lösen, sondern schlichtweg Geld, sehr viel
Geld verdienen. Und das ist ein enormer Unterschied! Für die Lösung von
Kundenproblemen wird systematisches Wissen als Ganzes benötigt, denn der Kunde
muss verstanden werden. Für den möglichst hohen Profit reicht sequentielles
Wissen; Methodenwissen. Eine Wissensvision, nach der eine sinnvolle und
umfassende Wissenssystematik generiert werden könnte, die auch Innovationen
zulässt, ist nur für Kunden, aber nicht für Profit notwendig.
Dass Profit zumeist nur über die langfristige Erfüllung von
Kundenanforderungen möglich ist, wird dabei sehr oft vergessen. Und damit sind
wir auch wieder bei ISO 9001:2015 angelangt. Die Organisation benötigt nicht
unbedingt ein ausgefeiltes Wissensmanagementsystem. Aber sie benötigt das
Wissen, inkl. Identifikation, Sicherung, Verteilung, Entwicklung etc., um die
Anforderungen ihrer Kunden und anderer Interessierter nachhaltig zu erfüllen.
Die Schrotflinte hilft dabei verständlicher Weise nur wenig.
Es sei denn, Sie haben Ihren gesamten Wissensspeicher auf einem Rechner
abgelegt, der dann seinen Geist aufgibt. Zu diesem Zusammenhang „Schrotflinte –
Rechner“ gibt es dann einige Lösungsvorschläge in Form von Videos auf youtube
(hier ein Video über einen etwas erzürnten Vater). Und die sind, belegt durch
die millionenfachen Views, wohl auch ziemlich berühmt – auch wenn sie
wissenstechnisch nicht richtig weiterhelfen.
(Dieser Artikel wurde erstmals am 16.05.2016 veröffentlicht hier)
Informationen zu Dr. Markus Reimer
Kontakt zu Dr. Markus Reimer
#Innovation #Wissen #Agilität #Qualität #Wissensmanagement #ISO9001 #Keynote #Speaker #Redner #Vortrag
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen